Clevere Spürnasen im Einsatz für Menschen in Not

    REDOG ist eine Freiwilligenorganisation und ist in der Schweiz und im Ausland bei Krisen und Katastrophen Partner von Bund und Kantonen. In der Vermisstensuche arbeitet REDOG eng mit den Blaulichtorganisationen zusammen. Der Schweizerische Verein für Such- und Rettungshunde plädiert zur Feier seines 50-Jahr-Jubiläums für eine höhere Anerkennung der Freiwilligenarbeit. Geschäftsführerin Michèle Tanner stellt REDOG kurz vor und gibt einen Überblick.

    (Bilder: zVg) Hund und Mensch wird einiges abverlangt: Vier Jahre dauert die Ausbildung zum einsatzfähigen Rettungshundeteam.

    REDOG feierte letztes Jahr das 50-Jahr-Jubiläum. Wie ist diese Rettungsorganisation des Schweizerischen Roten Kreuzes entstanden?
    Michèle Tanner: Vor 50 Jahren setzte sich eine Gruppe von Lawinensuchhundeführern in den Kopf, mit ihren Vierbeinern Menschen nicht nur unter Schneemassen, sondern auch unter Trümmern orten zu können. Mit einer speziellen Ausbildung, welche in erster Linie eine gezielte Gewöhnung an die zu erwartenden Schwierigkeiten in einer Trümmerlage für den Hund beinhaltet, begannen die Pioniere, Katastrophenhunde auszubilden. Sie organisierten sich in der «Gruppe-K-Zürich», formulierten ein Anforderungsprofil für Hund und Mensch und entwarfen Übungsanlagen und -formen, die mit wenigen Veränderungen heute noch in Gebrauch sind. 1970 veröffentlichte die «Gruppe-K-Zürich» eine Prüfungsordnung mit ausführlicher Ausbildungsmethode. Der Erfahrungsaustausch mit interessierten Kynologinnen und Kynologen im ganzen Land begann. In der Ostschweiz, in den Kantonen Luzern, Basel-Stadt, Genf und Bern bildeten sich mitarbeitende Gruppen. Gemeinsame Übungen mit Luftschutz-Kompanien in Wangen-Dübendorf, Châtel-St.-Denis, Le Landeron und Istighofen fanden statt. 1971 folgte schliesslich die Gründung des Schweizerischen Vereins für Katastrophenhunde-Ausbildung. Im selben Jahr bestanden die ersten 17 Hundeteams die Prüfung für die Katastrophensuche. Seither arbeitet der Verein, der 1996 in REDOG («Rescue dogs») umbenannt wurde, in der Schweiz und im Ausland bei Krisen und Katastrophen mit Bund und Kantonen.

    Welche Bilanz können Sie von diesem Jahr ziehen?
    Wir haben dieses Jahr zum Glück einen Jubiläums-Grossanlass auf dem Bundesplatz durchführen können, wo wir unser 50-jähriges Jubiläum gefeiert und die Bevölkerung auf die Freiwilligenarbeit aufmerksam gemacht haben. Unsere Vermisstensuchhundeteams standen mehrfach in der Schweiz im Einsatz, und in Feusisberg war REDOG nach dem Einsturz auf einer Baustelle mit Verschüttetensuchhundeteams und der technischen Ortung im Einsatz. In den Trainings in den Regionalgruppen wurden sicher wieder über 100’000 Freiwilligenstunden für die Rettungsarbeit geleistet. Wir können etwas bewirken und mit unserem Handeln Menschen in Not helfen.

    Über wie viele REDOG-Teams verfügen Sie und wann werden sie eingesetzt?
    Für die Geländesuche haben wir 54 Hundeteams und 60 SAR-Helferinnen und Helfer (ein Hundeteam besteht aus Mensch und Hund; im Einsatz werden sie immer begleitet von 1 SAR-Helferin oder -Helfer, die sichert und im Kontakt ist mit der Einsatzzentrale und erste Hilfe leistet). Für die Verschüttetensuche sind 42 Hundeteams und für die Leichensuche 4 Hundeteams im Einsatz.

    Was war der letzte grössere Einsatz?
    In der Suche nach Vermissten im Gelände ist jeder Einsatz gross und der letzte war am 17. Oktober 2022, bei dem REDOG einen Verstorbenen fand. In der Verschüttetensuche war es das Erdbeben in Albanien 2019.

    Wie sieht die Ausbildung der Hunde von REDOG aus?
    Es gibt vier Sparten und somit ganz unterschiedliche Ausbildungswege. Zudem laufen vor allem anfangs die Ausbildungen in den Regionalgruppen unterschiedlich ab. Die Ausbildung zum einsatzfähigen Verschüttetensuchhunde-Team beispielsweise dauert drei bis vier Jahre. Begonnen wird häufig bereits im Welpen- oder Junghundealter. Bis zum 10. Geburtstag gehen Verschüttetensuchhunde international in den Einsatz, bis zum 12. Geburtstag national. Nicht jedes Team kommt zu einem Ernstfalleinsatz. Bei der Verschüttetensuche zählt vor allem die Bereitschaft für Grosseinsätze.

    In welchen Sparten werden die Hunde ausgebildet und eingesetzt?
    Die Tiere werden für die Verschüttetensuche, die Geländesuche, die Leichensuche oder das Mantrailing eingesetzt.

    Welche Hunde eignen sich für eine solche Ausbildung?
    Hunde verschiedener Rassen und unterschiedlicher Grösse können zum Verschüttetensuchhund ausgebildet werden. Unabdingbare Anforderungen sind:

    • Arbeitsfreude und unermüdlicher Arbeitswille
    • Körperliche Beweglichkeit
    • Mentale Belastbarkeit
    • Sicher und freundlich im Kontakt mit fremden Menschen
    • Gutes Sozialverhalten mit Hunden
    Michele Tanner of the Tissot Velodrome, Switzerland, Grenchen. Photo Credit: Ulf Schiller (2018)

    Die Suchteams können jederzeit eingesetzt werden. Was bedeutet dies bezüglich der physischen, psychischen und zeitlichen Anforderungen von Menschen und Tier?
    Nach der Einsatzprüfung trainieren die Rettungshundeteams jeder Sparte weiterhin regelmässig. Alle drei Jahre wird die Einsatzfähigkeit bestätigt. Zudem absolvieren die einsatzfähigen Teams jedes Jahr einen Eignungstest. Jede Hundeführerin und jeder Hundeführer, die sich mit ihrem Hund für die Ausbildung zum Rettungshundeteam interessieren, sollten sich bewusst sein, dass hinter dieser anspruchsvollen Aufgabe ein sehr grosser ideeller und zeitlicher Aufwand steckt. Bis zu 50 Trainings finden pro Jahr beispielsweise in der Verschüttetensuche statt sowie Einsatzübungen und Aus- und Weiterbildungen in den technischen Fächern. Deshalb müssen sie bereit sein, ihrer Passion zur Rettungshundeführerin oder -führer den grössten Teil der Freizeit zu opfern. Die Ausbildung ist eine ausgesprochene gemeinschaftliche Angelegenheit: Kein Team kann die Einsatzfähigkeit erreichen, ohne die unentwegte und tatkräftige Mithilfe der Kolleginnen und Kollegen während der Ausbildung.
    Hundeführerinnen und -führer müssen eine gute körperliche Konstitution haben, einfühlsam und mental belastbar sein, gerne bei jedem Wetter draussen sein und über ein hohes Verantwortungs- und Sicherheitsbewusstsein verfügen.
    Die Schulung wird stufengerecht und zielorientiert gestaltet und die praktische Ausbildung wird durch die kontinuierliche Vermittlung von theoretischem Wissen ergänzt. Am Einsatztest sind Personen erst ab 18 Jahren zugelassen. Personen über 65 Jahre können nicht mehr mit der Rettungskette in Auslandeinsätze geschickt werden. Einsatzfähige Hundeteams sind jederzeit für Einsätze abkömmlich. Sie benötigen deshalb vorgängig ein schriftliches Einverständnis ihrer Arbeitgeberin oder ihres Arbeitsgebers.

    Was bedeutet es konkret, sich für Menschen in der Not zu engagieren?
    Wir haben mit Mitgliedern Interviews für eine Freiwilligenkampagne gemacht und die Antworten könnten nicht facettenreicher sein. Eines war ihnen gemein: Sie möchten sich für die Gemeinschaft engagieren, einsetzen und sie möchten mit ihrem Hund etwas Sinnvolles tun.

    REDOG arbeitet eng mit Bund und Kanton zusammen. Wie sieht diese Zusammenarbeit aus?
    REDOG ist international der anerkannte Partner der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) im Bereich Search der Rettungskette Schweiz bei Einsätzen des Bundes im Ausland. Auf nationaler Ebene arbeiten wir mit den Bereichen Verteidigung und Bevölkerungsschutz des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport VBS, mit der Rega und der Alpinen Rettung Schweiz zusammen. In der Erfüllung unserer humanitären Aufgabe sind wir ein aktiver Partner von Behörden auf allen Ebenen. Wir schliessen auf regionaler Ebene Leistungsvereinbarungen mit Kantonen ab und stellen ihnen Search-Teams, Equipenleitungen und Fachleute der technischen Ortung zur Verfügung. Im Fall einer Naturkatastrophe, Explosion oder Hauseinsturz geht REDOG in der Schweiz wie auch im Ausland mit Blaulichtorganisationen, kantonalen Behörden, Krisenstäben und Partnerorganisationen in den Einsatz. Bei nationalen Sucheinsätzen im Gelände arbeitet REDOG immer mit der Polizei zusammen.

    Welche Projekte hat REDOG für die nächste Zeit?
    Eine stete Herausforderung als Freiwilligenorganisation ist es, genügend Freiwillige für die Tätigkeit in der Rettung zu finden. Das Engagement ist sehr zeitintensiv, und man ist über mehrere Jahre gefordert. Dies können oder wollen insbesondere viele jüngere Menschen nicht mehr. Für uns ist es sicher eine grosse Herausforderung, auch in Zukunft genügend Mitglieder zu gewinnen, die sich mit oder ohne Hund für Menschen in Not einsetzen.

    Interview: Corinne Remund


    Kurz erklärt

    REDOG: Das sind rund 750 Freiwillige und rund 600 Hunde, die ausgebildet sind, vermisste und verschüttete Menschen zu finden. Denn die Hundenase ist das zuverlässigste Ortungsmittel, um menschliche Witterung unter Trümmern oder in unübersichtlichem Gelände und im Wald zu lokalisieren.
    REDOG ist ein Verein. Die strategische Führung übernimmt der Zentralvorstand, während sich die nationale Geschäftsstelle in Deisswil bei Bern schwerpunktmässig um die operativen Aufgaben kümmert. REDOG hat eine eigene Alarmnummer: 0844 441 144. Auch Privatpersonen können REDOG alarmieren. Die Suche ist für sie dank Spenden kostenlos.

    www.redog.ch

    Vorheriger Artikel«Wir möchten immer unser Bestes geben»
    Nächster ArtikelDas IPFO Haus der Fotografie präsentiert «Fake Truth» von Alison Jackson