Freihandel und Friede


    Die Stimme der KMU und der Wirtschaft


    (Bild: zVg) Henrique Schneider

    Die Europäische Union will eine neue Zollabgabe einführen. Die Vereinigte Staaten wollen eine eigene Industriebasis (wieder-)aufbauen. China stellt die Wirtschaft ohnehin in den Dienst der Politik. Das Resultat? Die Gefährdung des Weltfriedens. Auf dem ersten Blick scheint dieser Prozess ein grosser Sprung zu sein. Der Zusammenhang zwischen Freihandel und Friede mag eher eine Korrelation als eine Kausalität sein. Dennoch besteht er. Und so gilt auch das Umgekehrte: Je protektionistischer die Welt, desto höher ist die Anzahl der kriegerischen oder mindestens gewaltsamen Konflikten.

    Die jüngste Geschichte zeigt es eindrücklich. Ab den 1980er Jahre wurden weltweit sukzessive Zölle auf Waren abgebaut. Den ersten Durchbruch schaffte die Welthandelsorganisation. Darauf folgten viele Freihandelsabkommen und ähnliche Verträge. Technisch spricht man von Freihandel, wenn Waren ohne oder mit erheblich reduziertem Zoll über die Landesgrenzen gehandelt werden können.mIn der gleichen Zeit ging die Intensität der kriegerischen Konflikte markant zurück. Die Zahl der im Krieg getöteter Personen halbierte sich ab den 80ern im Vergleich zu den drei vorangehenden Dekaden. Selbst wenn man Terrorismus dazuzählt, stellt man fest, dass die Welt mit mehr Freihandel friedlicher und sicherer wurde.

    So nebenbei: Auch die weltweite Armutsquote ist in der gleichen Zeit dramatisch gesunken. Noch in den 80ern lebten um die 40 Prozent der Weltbevölkerung unterhalb der extremen Armutsgrenze, also mit weniger als 1,90 US-Dollar pro Tag. Um das Jahr 2015 waren es nur noch 10 Prozent. Natürlich kann man nicht sagen, der seit den 80ern intensivierte Freihandel hätte Kriege reduziert und Leute aus der Armut gehievt. Doch man muss sagen, dass diese Entwicklungen miteinander stattgefunden haben. Was diese drei Sachen verbindet ist einfach: Wenn Leute Werte schöpfen, haben sie kein Interesse an die Zerstörung dieser Werte.

    Der Freihandel erlaubt erhöhte Wertschöpfung durch mehr Personen, indem er, durch die Grenzöffnung, die Marktprozesse als Austauschinstrument erweitert. Diese Erweiterung erlaubt den Ländern und den Menschen darin, ihre jeweiligen Produkte auszutauschen. Der Austausch führt zu Wertschöpfung, was wiederum die Armut reduziert.
    Der Freihandel öffnet Märkte für Güter, die ausserhalb der Landesgrenze hergestellt werden. Damit öffnet der Freihandel Länder und bringt sie in den Austausch und Dialog miteinander. Neben dem ökonomischen Nutzen des Freihandels führt die erhöhte Dialogbereitschaft zu eher friedlichen Konfliktbewältigung.

    Diese Entwicklungen werden nun leichtfertig aufs Spiel gesetzt. Seit Covid19 nehmen die protektionistischen Tendenzen zu. Neue Zölle, Einfuhr- oder Ausfuhrbeschränkungen, Subventionen nationaler Industrien und Kapitalverkehrskontrollen: Was eigentlich in den Giftschrank gehört, wird seit 2020 in allen Ländern der Welt – ja, auch in der Schweiz – vermehrt eingesetzt. Daraus folgt nicht automatisch Krieg. Es folgt aber, dass Länder sich einander gegenüber verschliessen. Es folgt Blockbildung. Und es folgen mehr Konflikte, die nicht unbedingt mit Dialog gelöst werden können, weil die Offenheit zunehmend verloren geht.

    Im Übrigen: Was die Armut angeht, ist der Effekt viel direkter. Seit der Auferstehung des kruden Protektionismus um 2020, ist die globale Armutsquote wieder erhöht worden.

    Wer also Friede will, soll auch den Freihandel befürworten.


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    Zur Person:
    Henrique Schneider ist Verleger der Umwelt Zeitung. Der ausgebildete Ökonom befasst sich mit Umwelt und Energie aber auch mit Wirtschafts- und internationaler Politik.

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