IV Kanton Bern strebt Nachhaltigkeit an

    Der Jahresbericht der IV-Stelle des Kantons Bern steht ganz im Zeichen der Nachhaltigkeit. Direktor Dieter Widmer hebt vor allem die soziale Nachhaltigkeit hervor und beruft sich dabei auf das Leitbild der IV-Stelle, in dem man sich zu einem verantwortungsbewussten Umgang mit ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Ressourcen verpflichtet habe. Ganz besonders liegen ihm junge Erwachsene am Herzen, die mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen haben. «Es darf nicht sein, dass unser Arbeitsmarkt keine Verwendung für solche Personen hat», bemerkt Widmer.

    (Bilder: zVg) Bei der IV-Stelle des Kantons Bern sind letztes Jahr 8174 Anträge für eine Rente eingegangen.

    Es möge auf den ersten Blick erstaunen, dass sich die IV-Stelle des Kantons Bern nachhaltiges Handeln auf die Fahne geschrieben habe, betont Direktor Dieter Widmer in seinem Jahresbericht 2015. Bei genauerer Betrachtung mache dieses Vorgehen aber durchaus Sinn, fügt er hinzu und verweist darauf, dass man nach dem Auftreten gesundheitlicher Probleme alles daran setze, dieser Person die Rückkehr in den ersten Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Das gehe aber nicht vom Bürotisch aus. «Gespräche im Betrieb, zu Hause bei der versicherten Person oder in den Räumlichkeiten von Institutionen, mit denen wir zusammenarbeiten, sind unabdingbar», betont er.

    Im Jahr 2013 haben sich im Kanton Bern 7721 versicherte Personen zum Leistungsbezug angemeldet. Im Jahr 2015 stieg die Zahl bereits auf 8174 Anträge an. Der vom zuständigen Bundesamt zur Verfügung gestellte Personalkredit des Jahres 2013 bleibe jedoch bis Ende 2017 eingefroren, erwähnt Dieter Widmer. «Diese Rahmenbedingungen zwingen uns, sehr genau zu überlegen, wofür wir unsere personellen Ressourcen verwenden. Wir müssen deshalb die knappen Mittel noch gezielter einsetzen als gewohnt», schreibt der Direktor in seinem Jahresbericht.

    Viele junge Erwachsene betroffen
    Ganz besonders am Herzen liege ihm die soziale Nachhaltigkeit, hält Widmer weiter fest. Seit dem Jahr 2003 gingen die pro Jahr neu zur Ausrichtung gelangenden Renten um mehr als die Hälfte zurück. Gänzlich unberührt von dieser Entwicklung blieben jedoch die Renten für 18 bis 25 Jahre alte versicherte Personen. Bei ihnen sei die Zahl sogar leicht gestiegen. Mittlerweile würden prozentual (zur entsprechenden Altersgruppe) sogar mehr 18- bis 24-Jährige eine Rente beziehen als 25- bis 64-Jährige. Für Dieter Widmer ist deshalb klar: «Es darf nicht sein, dass unser Arbeitsmarkt keine Verwendung für junge Erwachsene hat, nur weil diese mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatten. Das ist menschlich tragisch und hat zudem gravierende finanzielle Auswirkungen.» Gemäss Widmer stelle es eine gesellschaftliche Aufgabe dar, dieser Fehlentwicklung mit der nötigen Entschlossenheit entgegenzutreten. Bei der IV-Stelle des Kantons Bern versuche man schon heute, mit verstärkten Eingliederungsbemühungen etwas zu bewegen.

    Dieter Widmer, Direktor IV-Stelle des Kantons Bern, setzt sich mit seinem Team ganz besonders für soziale Nachhaltigkeit ein.

    Im Bereich der Nachhaltigkeit würden bei Firmen meistens der ökologische und ökonomische Aspekt im Vordergrund stehen. Bei der IV-Stelle des Kantons Bern ist man jedoch der Meinung, dass die soziale Dimension genauso wichtig ist. Dabei könne die IV Unternehmen unterstützen, ihre soziale Verantwortung wahrzunehmen. Die Nachhaltigkeit von Eingliederungsmassnahmen hänge von verschiedenen Faktoren ab, das frühzeitige Erkennen von gesundheitlichen Beeinträchtigungen sei jedoch zentral, schreibt die IV-Stelle im Jahresbericht. Immer wichtiger werde dabei die Unterstützung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Mit verschiedenen Revisionen – nicht zuletzt aufgrund der finanziellen Lage der IV – wurde das Invalidengesetz in den letzten Jahren den gesellschaftlichen Veränderungen angepasst. Menschen sollen, wenn immer möglich, nach einer Phase von Krankheit wieder ins Erwerbsleben finden können. Mit der fünften Revision der IV im Jahr 2008 seien die Eingliederungsmassnahmen gezielt ausgebaut und mit der sechsten Revision seien auch die Eingliederungsbemühungen auf die IV-Rentner erweitert worden. Die Rente soll ein Übergang als Brücke zur Eingliederung sein. Ausserdem sei die Kooperation mit Arbeitgebern und den behandelnden Ärzten laufend verbessert worden. Mit Fachseminaren für Personalverantwortliche und Veranstaltungen für Arbeitgeber sowie Ärzte würden die Partner sensibilisiert und die Kompetenz aller Beteiligten bei der beruflichen Eingliederung erhöht. Jährlich finden laut der IV-Stelle im Kanton Bern über 2000 Personen im ersten Arbeitsmarkt eine Arbeitsstelle.

    Trotz genereller positiver Entwicklung bleibe der Rentenbestand bei jungen Versicherten zwischen 18 und 24 Jahren und bei Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen konstant. Die IV-Stelle des Kantons Bern hat deshalb verschiedene Massnahmen eingeleitet, die verhindern sollen, dass das Eingliederungspotenzial von jungen Menschen unentdeckt bleibt, eine Berentung in jungen Jahren soll damit vermieden werden oder nur eine vorübergehende Lösung darstellen. Erhalte eine junge versicherte Person eine IV-Rente, so bestehe das Risiko, dass sie anschliessend in ihrer Entwicklung zu wenig gefördert werde. Die IV-Stelle will deshalb gezielt prüfen, wie sich das Förderungspotenzial bei jungen Rentnern noch besser ausschöpfen lässt.

    Walter Ryser

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